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Schneegestöber

SchneeGestöber 9 2020/21 | Die Schneelast auf Dächern

Eine halbe Tonne Schnee auf jedem Quadratmeter

von Lukas Ruetz 30.01.2021
ewaltige Schneehöhen und damit auch Schneelasten auf den Bergen Osttirols.

ewaltige Schneehöhen und damit auch Schneelasten auf den Bergen Osttirols.

Alois Mariacher
In den letzten Tagen las man immer wieder von eingestürzten Dächern der schneereichen Regionen südlich des Alpenhauptkammes in den Medien. Wie viel Schneelast muss ein Dach eigentlich aushalten können und wie viel Kilogramm an Schnee liegen derzeit auf den Dächern Österreichs?

In weiten Teilen der Alpen gibt es inzwischen eine satte Schneedecke, oft sogar bis in die Tallagen. Gleichzeitig liest man immer häufiger über einbrechende Dächer. Meist sind große Hallen oder Bergstadel betroffen, teilweise aber auch Wohnhäuser, wie aktuell in Osttirol der Fall.

Was muss ein Dach aushalten? – Die Normen am Beispiel Österreich

Abhängig vom Standort des Gebäudes, also der Seehöhe und der Region, muss ein Dach in Österreich zwischen 84 und 1080 Kilogramm pro Quadratmeter Schneelast tragen können.

Die Werte werden durch die ÖNORM EN 1991-1-3 geregelt, die zuletzt 2006 überarbeitet wurde. Neben der Klimazone ist auch die Seehöhe ausschlaggebend, wobei eine fixe Formel bis zu 1.500m angewandt wird – darüber gelten dann andere Regeln.

Die niedrigste Last gilt dabei für die pannonische Tiefebene – die Klimazone im äußersten Osten Österreichs mit den Bundesländern Burgenland und Wien.

Mehr als das Zehnfache, also eine gute Tonne Schnee pro Quadratmeter, müssen hingegen die Dächer von St. Christoph am Arlberg oder Obertilliach in Osttirol aushalten können. Bei einer gut gesetzten Altschneedecke rechnet man mit einer Dichte von etwa 300 bis teilweise 400 kg pro Kubikmeter. Das heißt, am Arlbergpass wird es erst bei einer ca. drei Meter mächtigen, gesetzten Schneedecke notwendig, das Dach abzuschaufeln.

Wie werden die Werte festgelegt?

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik mit ihren jahrzehntelangen Messreihen aus allen erdenklichen Orten Österreichs stellt die wichtigste Institution in Sachen Schneelast-Knowhow in Österreich dar. Die ZAMG betreibt regelmäßige Schneelastmessungen in mehreren Orten Österreichs und gibt Empfehlungen, sobald Dächer abgeschaufelt werden sollten.

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Gängiger Irrglaube: Regen auf Schnee erhöht die Last extrem

Wenn es regnet, wird der Schnee und damit die Dachlast maximal um das Gewicht des gefallenen Regens schwerer. Ein Liter/m² Regen ist ein Kilogramm Wasser. Und meist regnet es im Winter, vor allem in höheren Lagen, kaum mal mehr als 20 oder 30 Liter pro Quadratmeter.

Der Eindruck, dass der Schnee um ein Vielfaches schwerer würde, entsteht nur durch die Dichteänderung aufgrund der starken Setzung der Schneedecke mit dem Regen. Der Schnee wird hauptsächlich dichter, aber nur um das bisschen Regen schwerer. Im Alltag wird aber die Dichte eines Materials oft mit dem Gewicht gleichgesetzt beziehungsweise verwechselt. Regnet es so stark, dass die gesamte Schneedecke durchfeuchtet und sogar Wasser aus ihr abrinnen kann, wird die Schneedecke oft durch den Regen sogar leichter statt schwerer. Das verlorene Gewicht rinnt dann einfach über die Dachrinne als Wasser ab während man als Mensch gleichzeitig das Gefühl hat, die Last würde sich durch die höhere Dichte am Dach erhöhen. Mehr dazu im SchneeGestöber 16 2019/20.

Einstürzende Dächer – ganz normal?

Die Normwerte stützen sich auf eine gewisse Jährlichkeit von Schneelasten. Die Frage ist: Wie oft kommt diese Schneelast statistisch gesehen in dieser Region vor? Dabei geht man von vielen Jahrzehnten aus.

Nach Norm gebaute Dächer müssten demnach wirklich nur in einem Bruchteil der Winter abgeschöpft werden, in denen sie tatsächlich von den Menschen vom Schnee befreit werden. Meistens geht man nur auf Nummer sicher, da man vor allem bei einer mächtigen Schneedecke bereits im Frühwinter nie weiß, wie sich der Winter weiter entwickeln wird. Außerdem wird es bei mehr Schnee immer schwieriger und zeitaufwändiger, die Schneemassen von den Dächern herunter zu bekommen.

ewaltige Schneehöhen und damit auch Schneelasten auf den Bergen Osttirols.

ewaltige Schneehöhen und damit auch Schneelasten auf den Bergen Osttirols.

Alois Mariacher

Die derzeitige Situation in Tirol

In Osttirol hat es im bisherigen Winter zwei bis dreimal so viel geschneit als ein einem durchschnittlichen, gesamten Winter. Der Hotspot ist momentan Obertilliach im südlichen Osttirol. Dort werden Werte von 550 Kilogramm Schnee pro Quadratmeter gemessen. Auf einer Seehöhe von 1.400 Metern bei einer Schneehöhe von etwa 170cm. Die Schneedichte beträgt damit ca. 330 kg/m³. Oder einfacher gesagt: Auf jedem Quadratmeter steht eine große Kuh.

In den Nordtiroler Gemeinden ähnlicher Seehöhe kommt die Schneelast meist noch nicht an 300 Kilogramm pro Quadratmeter heran.

Außergewöhnlich ist vor allem der Raum um Lienz in Osttirol. Dort wurden die Normen bereits überschritten und dementsprechend wochenlang hunderte Dächer abgeschöpft. Die meisten Meldungen eingestürzter Dächer kamen auch von den tieferen Tälern Osttirols und aus Oberkärnten. Dort wurde bereits die dreifache Neuschneemenge bis Mitte Jänner als in einem durchschnittlichen, gesamten Winter gemessen! Auf einer Seehöhe von 660m liegen in Lienz derzeit 435 Kilogramm Schnee pro Quadratmeter. Die Normlast liegt jedoch bei 360kg/m².

Links:

Schneelastrechner für Österreich

Schneewasserwertmessungen Hydrographie Tirol

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