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Schnee von morgen

Schnee von morgen | Braucht Bayern Hubsis Schneekanonen?

Es könnte so einfach sein: Skisaison ist, wenn Schnee liegt.

von Lisa Amenda 23.01.2023
Balderschwang am 8.1.23: Schneekanonen kommen nicht gegen den Frühling im Januar an.

Balderschwang am 8.1.23: Schneekanonen kommen nicht gegen den Frühling im Januar an.

foto-webcam.eu
Hubert Aiwanger fördert mit staatlichen Mitteln Schneekanonen in bayerischen Skigebieten. In einem Winter zwischen Energie- und Klimakrise führt das zu heißen Diskussionen. Aber brauchen wir diese Schneekanonen überhaupt oder hängen wir einfach nur längst vergangenen Zeiten nach?

Es gibt ein Foto von mir, da stehe ich in kurzen Hosen lachend auf dem Rettenbachferner im Ötztal. Es muss irgendwann Anfang der 2000er Jahre gewesen sein. Wir waren im Sommer auf dem Gletscher Skifahren. Die Dialektik des Augenblicks machte für mich den Reiz aus. Von der Skihose in die Shorts, nach dem Skifahren ab an den Badesee. Heute würde ich das als Hedonismus der frühen 2000er abtun. Heute wäre es wahrscheinlich auch gar nicht mehr möglich, im Sommer die Ski anzuschnallen. Schließlich haben wir es in diesem Winter schon schwer genug gehabt, an Weihnachten genug Schnee für ein paar Schwünge zu finden!

Am 2. Januar zeigte das Thermometer am Hohenpeißenberg in Bayern 18 Grad. Ein paar Wochen zuvor entbrannte rund um die Sendung „Jetzt red i“ vom Bayerischen Rundfunk die Diskussion, ob es angesichts von Klima- und Energiekrise noch sinnvoll ist, tieferliegende Skigebiete, wie es die meisten in Bayern sind, mit Hilfe staatlicher Fördergelder zu beschneien. Hubert Aiwanger, bayerischer Wirtschaftsminister der Freien Wähler, sprach sich in der Sendung klar für die Förderung aus. Sein Argument: "Wir können doch den Leuten nicht sagen: 'Bleib mit deinen Kindern zu Hause. Mach aus deinen Skiern Brennholz und geh in den Keller zum Weinen.'" Er meint damit wohl: Skifahren wollen die Leute eh und wenn es in Bayern nicht geht, dann fahren die Skiwilligen in die (beschneiten) Gebiete nach Österreich oder die Schweiz. Als Vertreter des Staates wolle er sie nicht an ihrem Spaß hindern. Aiwanger hat also Angst, dass das Geld der Skifahrenden anderswo ausgegeben wird und der bayerische Tourismus nichts davon abbekommt. Kann man aus Sicht des Wirtschaftsministers so sehen.

Die Krisen reichen sich mittlerweile die Hand und zwei, die vor allem den Skitourismus betreffen, machen in diesem Winter gemeinsame Sache: Die Klima- und Energiekrise. Energie ist so teuer wie nie und auch die Temperaturen rund um Weihnachten scheinen so hoch wie noch nie. Das Resultat sind ausgeschaltete Sitzheizungen in den Sesselliften und weiße, aber schmälere Pistenbänder über grüne Wiesen. Kann bzw. darf man die derzeitige Situation so eindimensional betrachten wie Hubert Aiwanger es tut?

Wer sagt eigentlich, dass die Skisaison immer von Dezember bis April ist? Wer hat uns das diktiert? Der Skigott? Die Tourismusdestinationen? Hubsi selbst? Oder sind wir es, die sich über die Jahre, ach  Jahrzehnte, daran gewöhnt haben, dass es in der Regel von Dezember bis Anfang April genügend schneit, um diesen Schnee zu einer Piste zu präparieren, auf der das Skifahren Spaß macht? Und, dass die Umgebung dann auch weiß eingezuckert ist und nach Winter aussieht?

Vor der technischen Beschneiung musste man es einfach hinnehmen, wenn es erst später in der Saison ausreichend geschneit hat. Mittlerweile heißt es: Es schneit nicht? Keine Sorge, wir machen Schnee! Die Technik regelt das. Dass Skifahren ein Natursport ist, scheinen wir über die Jahre verlernt zu haben. Und ja, natürlich, es leben sehr viele Menschen im Alpenraum vom Tourismus. Auch in Bayern. Aber würde es nicht vielmehr Sinn machen, die bayerischen Fördergelder statt direkt in die Beschneiung, die bei zweistelligen Plusgraden ja eh nichts bringt, in eine nachhaltige Umstrukturierung des Tourismus zu investieren? Damit die Gebiete, Hotels, Pensionen auch in sich verändernden Klimabedingungen noch vom Tourismus leben können? Vielleicht dann eben nicht mehr in erster Linie mit Wintergästen, sondern öfter mit Wanderern, Trailrunnerinnen, Bikern, …

Balderschwang am 8.1.23: Schneekanonen kommen nicht gegen den Frühling im Januar an.

Balderschwang am 8.1.23: Schneekanonen kommen nicht gegen den Frühling im Januar an.

foto-webcam.eu

Vielleicht ist es gerade jetzt noch mehr an der Zeit, sich auf die Ursprünge des Skifahrens zurückzubesinnen und uns ins Bewusstsein zu rufen, warum wir das alles machen. Weil es einfach Spaß macht, die Hänge hinunter zu gleiten! Am liebsten auf Naturschnee! Schließlich ist doch nichts magischer als wenn der Schnee die Landschaft unter dickem Weiß verhüllt. Macht dir das Skifahren nicht auch am meisten Spaß, wenn die Luft nach Winter riecht? Sich vielleicht noch Schneekristalle glitzernd auf deiner Hose niederlassen? Du sorglos von der präparierten Piste abkommen kannst, ohne Angst zu haben, direkt Grasski zu fahren?

Was, wenn wir das in Zukunft nicht mehr so oft erleben? Dann ist das sehr schade. Aber es nicht zu akzeptieren, bringt auch nichts. Wir können unser Bestes geben, dass die Tage, an denen sich der Winter nicht mehr nach Winter anfühlt, nicht zu viele werden. Indem wir uns für Klimaschutz einsetzen und versuchen, nachhaltiger zu leben. Und wir können es anderen vormachen und nur dann Skifahren, wenn es die Witterung zulässt. Skisaison ist, wenn Schnee liegt.

Es verbietet uns ja niemand, trotzdem die Berge zu genießen. Dann eben vielleicht mit dem Rad oder in Wanderschuhen. Lasst uns doch aus Skiurlaub Winterurlaub machen und je nach Witterung das Sportgerät rausholen, das gerade eben ganz objektiv Sinn ergibt. Das macht mich als Skifahrerin zwar melancholisch und lässt mich ganz nostalgisch in meiner Skifotokiste wühlen. Diese Nostalgie darf aber nicht zur Gegenwartsflucht werden. Denn Jetzt ist Jetzt. Und in der Gegenwart und vor allem in der Zukunft gibt es noch immer schöne Möglichkeiten, unsere Berge zu erkunden. Ob mit Ski oder ohne.

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