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Abenteuer & Reisen

Mit dem Splitboard auf dem Dach der Welt

Expedition zum Kedar Dome

von Tobias Kurzeder • 15.11.2015
So lässt sichs aufstehen - Baghirati

So lässt sichs aufstehen - Baghirati

SF
28 Tage im Himalaya. Unsere Mission: den Gipfel des Kedar Dome auf 6.831 Meter mit unseren Splitboards bezwingen. Der Aufstieg ist beschwerlich, die Luft wird knapp. Doch die Berge belohnen uns mit atemberaubenden Panoramen und traumhaften Abfahrten auf dem Dach der Welt.

28 Tage im Himalaya. Unsere Mission: den Gipfel des Kedar Dome auf 6.831 Meter mit unseren Splitboards bezwingen. Der Aufstieg ist beschwerlich, die Luft wird knapp. Doch die Berge belohnen uns mit atemberaubenden Panoramen und traumhaften Abfahrten auf dem Dach der Welt. Wir haben ein mulmiges Gefu?hl im Magen, als wir nach Neu Delhi aufbrechen. Wir, das sind acht passionierte Tourengeher mit Hunger nach Bergen und Schnee. Unser Ziel ist der Kedar Dome auf 6.831 Metern im indischen Himalaya. Die Bilder und Nachrichten von dem gewaltigen Erdbeben in Nepal sind noch lebendig und intensiv in unseren Köpfen. Letzte Recherchen vor dem Abflug haben zwar ergeben, dass der indische Bundesstaat Uttarakhand nicht direkt betroffen ist, aber was sind schon 600 Kilometer Entfernung fu?r ein Beben dieser Größenordnung?

Die Vorbereitung

In Delhi meistern wir letzte organisatorische Hu?rden und verfolgen angespannt die lokale Berichterstattung. Doch Shiva scheint auf unserer Seite zu stehen und die Vorbereitungen können los gehen. Zunächst steht der Pflichtbesuch beim IMF, der Indian Mountaineering Foundation, auf dem Programm. Dort werden wir bezu?glich der lokalen Gegebenheiten und Vorgaben gebrieft. Auch lernen wir unseren vorgeschriebenen Begleitoffizier kennen. Digo, so heisst er, wird uns die nächsten 4 Wochen begleiten. Dass es sich bei unserer Gruppe um eine Ski-Expedition handelt, ist ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Mansi, die lokale Ansprechpartnerin unserer Agentur und ein echtes Organisations-Genie, geleitet uns anschliessend sicher durch Delhi, zeigt uns die bunten Märkte und bewahrt uns vor den typischen Touristenfallen. 

Anschleichen u?ber holprige Pfade

Von Neu Delhi aus geht es u?ber Rishikesh, Welthauptstadt des Yoga, entlang des heiligen Flusses Ganges in Richtung Berge. Noch einmal schlafen in Uttarkashi und wir erreichen nach einer nervenaufreibenden Fahrt schliesslich Gangotri. Respekt unserem Fahrer, der uns sicher durch Serpentinen, Bäche, Ku?he und Strassenabbru?che manövriert. 

Das beschauliche Dörfchen Gangotri liegt auf 3.000 Meter. Versierte Traveller kennen es als letzte Bastion der Zivilisation oder als Muss fu?r den spirituellen Indienreisenden – anders formuliert: Bis hierher geht's auf dem Weg zum Ursprung des heiligen Ganges mit dem Auto. Auto bedeutet in unserem Fall: zwei voll-beladene Force Tempo Traveller, die wir unschwer als Mercedes-Benz-Kooperation erkannten. Das Entladen der Ausru?stung und die Versorgung sind anstrengend und liefern einen Vorgeschmack auf das, was noch kommen soll. Was brauchen wir die nächsten drei Tage? Welche Bedingungen erwarten uns? Wie kalt wird es nachts sein? Und als entscheidende Frage: Liegen wir mit unserem Gepäck unterhalb der erlaubten 23 Kilo „Single Load" fu?r einen Träger? Wir regeln das mit Tauschen und gegenseitiger Unterstu?tzung. Ganz klassisch indisch bei Naan (Brot), Paneer (Käse), Chapati (Fladen) und Chai Tee genießen wir die letzte Nacht in einem richtigen Bett.

Der Aufstieg

Tag 1: Erster Blick auf die Eisriesen

Strahlender Sonnenschein begleitete uns am nächsten Tag auf dem Weg zur morgendlichen Tempelzeremonie. Andächtig benetzten wir unser Haupt mit heiligem Gangeswasser und machen uns auf zur ersten Akklimatisationswanderung. Gemeinsam mit unserem Begleiter Digo und Hiro, der in Rishikesh als „Mann fu?r alles" zu uns gestoßen war, steigen wir gemächlich ein Seitental hinauf und erreichen die ersten Schneefelder und Lawinenkegel. Das Tal weitet sich und gibt einen ersten Blick frei auf die mächtigen Eisriesen, die am Horizont thronen. Meine speziellen Bergsteigersnowboardboots leisten gute Dienste – keine Probleme in Wald und Fels. Allerdings merke ich an meinen fast zu wohltemperierten Fu?ssen, dass sich die Schuhe in Schnee und Eis doch am wohlsten fu?hlen.

Tag 2: Tradition trifft Moderne

Zuru?ck im Ort wimmelt es am nächsten Tag nur so von jungen Nepalesen in Flip-Flops oder anderen herunter getretenen, eindeutig nicht bergtauglichen Schuhen. Das sind also unsere 50 Träger. Gepäck, Verpflegung, Bergausru?stung, Gas, Ku?chenzelt, alles in allem knapp zwei Tonnen Gewicht, werden genau protokolliert und auf die vielen jungen Schultern verteilt. Endlich geht es los. 

Von Gangotri aus schlängelt sich der Pilgerpfad idyllisch durch das Tal des Ganges, der hier noch Baghirati River heisst, entlang an imposanten Flanken, hin zum ersten Etappenziel Bhojbasa auf 3.800 Metern. Dort lernen wir zwei junge Inder aus Delhi kennen, die so gar nicht dem Klischee entsprechen wollen: geschäftstu?chtig, westlich orientiert und professionell ausgestattet, versuchen sie hier oben den Spagat zwischen spiritueller Tradition in einem armen Land und den bequemen Annehmlichkeiten westlicher Moderne. So sitzen wir bei Vollmond zusammen, mit Blick auf die imposanten Baghirati Gruppe, und versuchen Goa-Musik aus Bluetooth-Lautsprechern mit Meditation und angeregtem Wissensaustausch in Einklang zu bringen.

Tag 3: Schlaflos vor majestätischen Gipfeln

Da immer noch u?berdurchschnittlich viel Schnee liegt, können wir den Baghirati River direkt auf einer Schneebru?cke u?berqueren und steil ansteigend die Seitenmoräne des Gletschers abku?rzend auf Tapovan (4.400 Meter) zuhalten. Dieses im Sommer idyllisch von Bächen und Blumenwiesen durchzogene Hochplateau dient als Basecamp fu?r den heiligen Berg Shivling (6.543m) und als Ru?ckzugsort fu?r die heiligen Männer (Sadhus), die hier angeblich bis zu neun Jahre in Hu?tten und Höhlen verbringen.

Wir hingegen genießen unsere komfortablen Zelte und Schlafsäcke. Allein der Anblick des majestätischen Berges im Mondschein hindert uns am Schlaf. Egal wie rational manch einer von uns auch sein mag, in Momenten wie diesen verschlägt es allen vor Schönheit und Eleganz die Sprache. Wir ahnen, warum dieses Fleckchen Erde solch eine Bedeutung hat.  

Tag 4: Willkommen im Basecamp

Sieben Tage sind vergangen seit unserer Ankunft auf dem indischen Subkontinent, und endlich liegt - den Shivling rechts umgehend – der Kedar Dome vor uns! Von der Sonne umarmt, lächelt er uns mit seinen imposanten Eisbru?chen und strahlenden Firnflanken entgegen.Auch unseren Trägern ist die Vorfreude anzumerken. Die Schlepperei hat ein Ende. Aber nur fast. Als Standort unseres Basecamps entscheiden wir uns fu?r einen besseren und sichereren Platz auf dem Gletscher als normalerweise andere Expeditionen. Nur schwer können wir unsere Träger mit ein bisschen Barem und der Unterstu?tzung unseres Agenturchefs Mr. Pandey dazu u?berreden, noch eine dreiviertel Stunde dranzuhängen. Endlich beziehen wir aber unser Feriendomizil mit Bergblick und fliessend (Gletscher-)Wasser auf etwas u?ber 4.600 Meter. 

So lässt sichs aufstehen - Baghirati

Tag 5: Die erste Abfahrt im Himalaya

 Auch am nächsten Tag begru?ßt uns strahlender Sonnenschein. Wir nutzen das gute Wetter, um unser Equipment herzurichten und uns mit der Umgebung vertraut zu machen. Hiro, Digo und unser Koch beobachten das Treiben aufmerksam. Sie haben noch nie ein Splitboard gesehen und stellen eine Frage nach der anderen. Unser Ausflug auf die weiten Hänge mit rasanter Abfahrt u?berzeugt sie dann aber vollends von den Vorzu?gen und der Qualität dieses Systems.Beim gemeinsamen Abendessen besprechen wir die Planung und Materialaufteilung fu?r das Hochlager. Unser Begleitoffizier Digo will ebenfalls mitkommen und lässt sich trotz unseres – zugegeben – halbherzigen Versuchs, ihm den Aufstieg in normalen Schuhen auszureden, nicht abschrecken. Mit dem obligatorischen Porridge (Haferbrei) im Magen starten wir schliesslich gemeinsam am nächsten Morgen vollbepackt zum Lager 1 auf 5.230 Meter.

C1 und Shivling im Hintergrund

Tag 6: Überraschend warme Tage, grimmig kalte Nächte

Eine vorgelagerte Kuppe erleichtert uns den Aufbau unseres Lagers. Bereits am Nachmittag werfen wir die

Kocher an und packen die Sonnencreme aus. Wir schauen Digo nach, als der sich durch unsere tief aufgefirnte Aufstiegspur nach unten kämpft und genießen die wohlverdiente Ruhe inmitten dieser einzigartigen Szenerie.
Wir bestaunen die gewaltigen Gletscherbru?che und lauschen dem dumpfen Grollen ausbrechender Seracs. Die späte Sonne taucht die Gipfel in ein zartes Orange und wir kriechen in unsere dicken Daunenschlafsäcke. Tagsu?ber ist es u?berraschend warm, doch sobald die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen hinter dem Horizont verschwunden ist, wird es grimmig kalt.  

Tag 7: Ein Stu?ck Heimat auf dem Dach der Welt

Wir schu?tteln uns den Frost der Nacht aus unseren Gliedern und klopfen den Reif von der Ausru?stung. Keine Stunde später schallen die ersten Jubelschreie durchs Tal, als wir die ersten Turns in den Hang ziehen, den wir am Vortag so mu?hsam erklommen haben.Wieder zuru?ck im Basecamp stellen wir fest, dass eine weitere Gruppe ihr Quartier auf dem Platz weiter hinten bezogen hat. Wir machen uns auf, die Neuankömmlinge zu begru?ßen und erreichen nach einer halben Stunde Fußmarsch ihre kleine Zeltstadt. Ich traue meinen Ohren nicht. Skeros „Kabinenparty"? Hier im Nirgendwo? Höhenkrankheit? Doch, es stimmt! Die Gruppe kommt aus Österreich und begru?ßt uns mit großem Hallo. Vielen Dank fu?r Schokokuchen und Cappuccino!

Ich, mein Zelt und er.

Tag 8: 6.000 Meter lassen uns keuchen

Die stabile Hochdrucklage, die uns die ersten Tage begleitet hat, wechselt zum typischen Wetter dieser Jahreszeit: abends und nachts bescheren uns Gewitter den einen oder anderen Zentimeter Neuschnee. Doch davon lassen wir uns nicht abschrecken. Die nächsten 4 Tage pendeln wir zwischen Basecamp und Lager 1 hin und her, um uns weiter zu akklimatisieren und das Lager 2 einzurichten. Auf knapp 6.000 Metern machen sich die ersten Höhen-Beschwerden bemerkbar. Der Luftdruck beträgt nur noch weniger als 50 Prozent und unsere Körper können sich nicht mehr vollständig an die Umstände anpassen. Unsere Schritte werden langsamer, die Atempausen länger und das Freischaufeln des Zeltplatzes wird zur unangenehmen Last. Aber wir werden belohnt: mit einer Genussabfahrt u?ber 1.400 Meter im Antlitz der erhabenen Berge.

Eisbruch Kedarnath

Tag 12: Auf den Gipfel!

Erholt und hoch motiviert brechen wir erneut auf nach Lager 2. Wir wollen auf den Gipfel! Doch das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung und wir mu?ssen den Versuch abbrechen. Nach einer weiteren Nacht in Lager 1 ist es am 16. Mai schließlich soweit: Nach zehn Stunden hartem Aufstieg unter herausfordernden Bedingungen stehen vier Mitglieder unserer Expedition stolz und glu?cklich am – leider nebelverdeckten – Gipfel. Wie nahe Erfolg und Misserfolg zusammenliegen, sehen wir beim Abstieg mit eigenen Augen. Ein Mitglied einer französischen Vier-Mann-Expedition wird vollkommen geschwächt und orientierungslos von seinen Kameraden nach unten gebracht. Ein zuerst befu?rchtetes Höhenhirnödem (HACE) kann ihr Arzt gottseidank ausschließen. Im Basecamp angelangt gratulieren uns unsere mittlerweile ans Herz gewachsenen indischen Freunde ausgelassen. Sie haben unseren Fortschritt die ganze Zeit mit dem Fernglas verfolgt und sind sehr froh, dass wir alle heil und wohlbehalten zuru?ck sind. Denn wie heißt es so schön: Ein Berg ist erst bezwungen wenn man wieder unten ist.

Der Abstieg

Wir fu?llen unsere Rucksäcke und Taschen und verlassen schweren Herzens gemeinsam mit der österreichischen Expedition den Platz, der uns zwei Wochen lang zur Heimat geworden war. Noch einmal passieren wir Tapovan, wo die Schneedecke bereits den ersten Bächen und Wiesenstu?cken weichen musste, und steigen u?ber die bru?chige Seitenmoräne hinab zum Gangotri Gletscher. Diesen u?berquerend erreichen wir schließlich den Pilgerpfad, der die Hindus nach Gaumukh (Kuhmaul) zur Quelle des Ganges fu?hrt, und folgen diesem zuru?ck nach Gangotri.

Im Tal ist es mittlerweile Fru?hling geworden. Wir genießen die Sonne und bestaunten die Vielfalt und Intensität der Natur. In Rishikesh verbringen wir eine weitere Nacht und tauchen in die Geru?che und Vielfalt Indiens ein. Noch schnell bei einem echten Straßenfrisör den Bart trimmen lassen und hinein in die Hitze und das Getu?mmel von Delhi. Was fu?r ein Schock nach der Ruhe in den Bergen! Zuru?ck in Mu?nchen, morgens um sechs, erholen wir uns davon recht schnell und ganz stilecht mit einem traditionellen Leberkäs und Weissbier Fru?hstu?ck. Namaste!  
Fazit: Eine lohnenswerte Skitour in heiligem und beeindruckenden Ambiente!

Facts:

Name: Kedar Dome (6.831 Meter )Land: IndienBundesstaat: Uttarakhand Beste Zeit: Mai Dauer:28 Tage Ausgangsort: Gangotri (3.042 Meter) Basecamp: Kirti Glacier (4.630 Meter) Lager 1: Westru?cken (5.250 Meter ) Lager 2: Westru?cken (5.960 Meter ) Anreise: Mu?nchen-Neu Delhi (ca 8 Std. ) Neu Delhi-Gangotri ( 500 km, 2 Tage ) Temperaturen: Zwischen -20° C nachts und +25° C tagsu?ber Agentur: Himalayan Run & Trek Permit & Infos: Indian Mountaineering Foundation Support: Splitsticks, Vaude, Maloja, Head, Gloryfy und KaiparaUnterstützung: Pia Roeder

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