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Abenteuer & Reisen

SpotCheck | Sierra Nevada

Firn mit Meerblick im südlichsten Skigebiet Europas

von Lea Hartl 20.04.2016
Abfahren bis der Schnee ausgeht und dann wieder aufsteigen..

Abfahren bis der Schnee ausgeht und dann wieder aufsteigen..

LH
Clarisse Pauer
Andalusien steht für die meisten Alpenbewohner wohl nicht auf der Liste der Spots, die man unbedingt mit Ski besucht haben muss. Man kommt sich auch tatsächlich etwas seltsam vor, wenn man im späten Frühjahr sein Skibag in Richtung eines spanischen Billigfliegers zerrt und von Badeurlaubern kritisch beäugt wird.

Umso beruhigender ist dann der Anblick der Sierra Nevada aus dem Flugzeugfenster: Aus dem bräunlichen Umland erhebt sich eine einigermaßen stattliche, einigermaßen weiße Bergkette. Nicht gerade der Himalaya, aber für den ein oder anderen Turn reicht das auf jeden Fall.

Das Skigebiet

Der höchste Berg der Sierra Nevada ist der 3482 m hohe Mulhacén und auch das Skigebiet erreicht die durchaus beachtliche Höhe von 3300 m. Der Lift setzt einen knapp unterhalb des zweithöchsten Gipfels ab, dem Pico del Veleta. Veleta bedeutet Wetter- oder Windfahne, im Sinne der Figuren, die auf Dächern die Windrichtung angeben. Der Grund für die Namensgebung ist unschwer zu erraten: Anraum klebt an den Felsen und viele Hänge sind so spiegelglatt abgeweht, dass Schlittschuhe das passendere Sportgerät wären.

Die Wind- und Temperatur-bedingten Eisplatten der Sierra sind legendär. Es handelt sich nicht um die harmlosen, „Hoppla das war jetzt aber hart" Eisplatten, die man aus den Alpen kennt, sondern tatsächlich um erstaunlich massives Eis, das mit einer fahrbaren Unterlage nicht mehr viel zu tun hat. Entsprechend nimmt hier jeder, ob Winterwanderer, Kletterer, oder Skitourengeher selbstverständlich immer Steigeisen und Pickel mit. Lawinenausrüstung gilt tendenziell als überflüssiger Luxus. Skitourengehen ist im Allgemeinen eher ein Exotensport gegenüber der anscheinend sehr beliebten Tätigkeit des Gehens mit Steigeisen. Das wird sowohl in Form von Spazierengehen auf der Skipiste, als auch in technischerer Ausprägung in steilen, vereisten Rinnen im Hinterland ausgeübt.

Richtige Powdertage sollen schon vorgekommen sein, es ist aber wesentlich sinnvoller in der Sierra auf Firn zu spekulieren. Diesen haben wir auch relativ spät (Mitte April) in einer allgemein ziemlich schlechten Saison noch in ausreichender Menge und sehr guter Qualität gefunden. Die Eisplatten glänzen weithin sichtbar in der Sonne und waren bei uns leicht zu umgehen. Das Skigebiet ist von der eher großen, etwas chaotischen Sorte und erschließt viel leicht zugängliches, gut einsehbares, großteils offenes, mittelsteiles Gelände.

Tourenmöglichkeiten

Auch zum Tourengehen ist in der Regel das Skigebiet der beste Ausgangspunkt. Es gäbe theoretisch noch ein paar andere Zufahrtsstraßen, aber zumindest im Frühjahr kommt man nur am Skigebiet mit dem Auto bis zum Schnee. Die übliche Vorgehensweise ist dann: Auffahrt mit dem Lift bzw. Aufstieg im Nahbereich des Skigebiets, Abfahrt in eins der Täler auf der anderen Seite bis der Schnee ausgeht und anschließend Aufstieg zurück ins Skigebiet und Abfahrt zum Ausgangspunkt. Auch in den so zugänglichen Nebentälern ist das Gelände eher offen und mäßig steil, wobei sich durchaus die ein oder andere skitechnisch anspruchsvollere Variante findet.

Es gibt eine im Winter bewirtschaftete Hütte in der Sierra, sowie ein paar andere ohne Bewirtschaftung, die sich grundsätzlich für Skitouren oder eine Durchquerung eignen würden. Bei unserem Besuch war die Schneelage ziemlich mager, so dass wir auf entsprechende Aktionen verzichtet haben.

Blick bis ins Weltall

Die Sierra hat eine lange Tradition als Forschungsstandort für Astronomen und so befinden sich mitten im Skigebiet mehrere alte und neuere Observatorien, sowie eins der größten und empfindlichsten Radioteleskope der Welt. Vor allem letzteres dominiert mit seiner riesigen Schüssel die Szenerie. Wenn man es schafft, an dem außerirdisch wirkenden Teleskop vorbei zu schauen, eröffnet sich dahinter die Aussicht auf das Umland von Granada. Vom höchsten Punkt des Skigebiets sieht man im Süden das Meer und die berühmt-berüchtigten Gewächshäuser von El Ejido. Aus diesem „Mar del Plástico" stammt ein großer Teil des billigen Gemüses, das man hierzulande im Supermarkt findet. An klaren Tagen reicht der Blick weiter bis zur marokkanischen Küste und dem Hohen Atlas.

Wer etwas sucht, findet auch steileres Gelände.

Wer etwas sucht, findet auch steileres Gelände.

LH
Clarisse Pauer

Lohnt sich also die Reise aus den Alpen nach Südspanien zum Skifahren?

Aus rein skitechnischer Sicht kann man das in Frage stellen. Natürlich ist die Gegend schön und es gibt ordentliche Berge zu besteigen und befahren – der besondere Reiz liegt aber vor allem im Gesamtpaket Andalusien. Wer will kann das Aprés Ski Bier am Strand einnehmen und gleich noch zur Abkühlung ins Meer springen. Am frühen Abend schlendert man durch die Gassen Granadas, umweht von einer leichten Brise in der sich der Duft blühender Orangenbäume mit dem von Marihuanarauch mischt. Später geht es natürlich zum tapear, am besten in viele verschiedene der guten, günstigen, zahlreichen Tapasbars (Ortskenntnis von Vorteil). Der besorgte Alpenbewohner fragt sich bisweilen, wie die Wirtsleute mit dem Konzept „ich gebe dir zu deinem günstigen Bier einfach so noch ein belegtes Brot/Couscousgemüse/gedünstete Muscheln mit Krabbengarnitur dazu" Geld verdienen, aber solche Gedanken weichen spätestens nach der zweiten Caña südlicher Tiefenentspanntheit.

Wem es nicht plausibel erscheint, eine Skireise als Vorwand zum Tapasessen heranzuziehen, dem sei ein Klettertrip empfohlen.

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