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Abenteuer & Reisen

Die Freiheit eines Roadtrips | Vesterålen und Lofoten

12 Tage Low-Budget in Hütten und Zelt

von Johannes Schwaderlapp 30.04.2017
Die Mystik der norwegischen Küste und der Lofoten hat sich bereits unter den Jüngern Ullrs aus Mitteleuropa rumgesprochen. Gerade auf dem Luchsfuß kommen zwei Sehnsuchtsorte zusammen – das Meer und schneebedeckte Berge. Im Frühjahr kann man dort ca. 200km nördlich des Polarkreises noch spät abends auf dem Gipfel stehen und daraufhin im Sonnenuntergang zum Meer abfahren. Doch kann man sich diesen Traum als Student erfüllen, ohne einen finanziellen Ruin zu riskieren?

Als fest stand, dass ich ein Semester in Schweden studieren würde, war mir schnell klar, dass ich einen Trip auf die Lofoten unternehmen wollte. Zwei Freunde konnte ich für das Vorhaben begeistern. Im Vorfeld lasen wir uns einige Reisberichte durch, um uns von der Erfahrung anderer inspirieren zu lassen. Schnell entschlossen wir uns, nicht bis ins Detail zu planen, sondern uns vor Ort von den Bedingungen und unserer Spontanität treiben zu lassen. Ohnehin ist es schwierig aus der Ferne die Schneelage einzuschätzen. Zwar gibt es Schneehöhendaten, diese sind aber nicht besonders genau und auch die Wettervorhersage ist bei dem wilden Nordmeerwetter nicht allzu verlässlich.

Übernachten wollten wir im Zelt oder auf Selbstversorgerhütten. Im Winter findet man auf den Lofoten aber in der Regel auch kurzfristig problemlos Unterkünfte, daher reservierten wir nichts, sondern buchten nur einen Leihwagen und schlossen eine Mitgliedschaft beim Norwegischen Alpenverein (DNT) ab, um die Berghütten nutzen zu können. Es gibt einen Schlüssel, den man beispielsweise in Narvik ausleihen kann, um in die Hütten zu gelangen. Im Nachhinein stellte sich allerdings heraus, dass man auf den Lofoten für jede Hütte bei der nächsten Touristeninformation im Voraus reservieren muss und dort dann einen individuellen Schlüssel erhält. Für die Snytindenhytta in Vesterålen benötigt man gar keinen Schlüssel. 

Sollte man kurzfristig feststellen, dass die Schneelage auf den Lofoten zu schlecht ist, um Touren zu gehen, hat man einige attraktive Ausweichmöglichkeiten. Zum einen liegt je weiter man Richtung Festland kommt mehr Schnee. Zum anderen sind in der Regel die etwas nördlicher liegenden Lyngen-Alpen mit mehr Weiß gesegnet. Am schneesicherstersten ist Riksgränsen. Jetzt, Ende April, liegen dort im Tal noch über zwei Meter Schnee.

Anreise

Der nächste Flughafen zu den Lofoten ist Narvik-Harstad. Dieser wird von SAS von Oslo aus angeflogen. Ski, Skischuhe und ein ABS mit Kartusche mitzunehmen ist problemlos möglich. SAS bietet für junge Leute unter 26 ziemlich günstige Tickets an. Auf den Lofoten direkt gibt es bei Svolvær noch einen Flughafen. Aus Mitteleuropa kommend muss man ein weiteres Mal umsteigen um dorthin zu gelangen.

Zwei von uns fuhren mit dem Leihwagen von Luleå am nördlichen Ende des bottnischen Meerbusens zum norwegischen Nordmeer. Die Strecke ist landschaftlich extrem lohnenswert. Jedoch kamen wir in ein totales Schneechaos. Eigentlich hatten wir vor auf dem Weg in Riksgränsen einen Tag Ski zu fahren. Morgens wachten wir auf und das Zelt lag flach gedrückt vom Neuschnee auf uns drauf. Die Lifte blieben zu. Die Weiterfahrt nach Narvik wurde von einer fünfstündigen Pause unterbrochen, weil die Straße aufgrund der Witterung geschlossen war. Danach ging es im Schritttempo und mit teilweise komplettem Whiteout in einer Kolonne Richtung Lofoten. Vor uns fuhr eine riesige Schneefräse und hinter uns passte ein Schneepflug auf, dass keines der fünf Autos auf der Strecke blieb.

Gewöhnung an die Dauerextase

Was auf der Fahrt noch eher ein Problem darstellte, war zum Skifahren genial! Bei 40 cm Neuschnee und herrlichstem Sonnenschein hatten wir unsere Mundwinkel nicht mehr im Griff. Nach kurzem Einkauf in Sortland machten wir uns mit vollgepackten Rucksäcken an den Aufstieg zu Snytindhytta: unsere Powder-Base für die nächsten zwei Tage. Der mit 12 km recht lange Zustieg führt durch sehr reizvolle Landschaft. Der Sonnenschein wurde zwischendurch von einigen Schneeschauern unterbrochen, wodurch sich faszinierende Lichtstimmungen ergaben. Beim Überqueren eines großen, zugefrorenen Sees bei starkem Schneefall gingen die Sinnesreize auf ein Minimum zurück. Beeindruckend! 

Die Snytindhytta ist sehr schön, als Selbstversorgerhütte super ausgestattet und auch noch kostenlos für DNT Mitglieder unter 26. Außerdem gibt es eine Sauna, die allerdings etwas kostet. Von der Hütte aus kann man zu zahlreichen interessanten Gipfeln aufsteigen. Allerdings sind einige davon ziemlich steil und deshalb nur bei entsprechender Lawinenlage machbar.

Am nächsten Tag entschlossen wir uns aufgrund der Schneesituation für den entspannteren Nordtinden (883 m). Wir machten zunächst eine Abfahrt auf der anderen Seite, stiegen wieder auf und und befuhren dann den Nordhang zur Hütte. Die Hütte, die wir zuvor für uns allein gehabt haben, teilten wir uns nun mit vier Krankenschwestern. Wir profitierten sehr von deren Kochwut, denn von ihrem sagenhaften Kabeljau-Kartoffel-Gemüseeintopf blieb einiges für uns übrig. Außerdem bekamen wir Tipps für Gipfel in den nächsten Tagen.

Am nächsten Tag stiegen wir ab und fuhren zu einem Parkplatz an einem Kreisel, über den man von der E10 nach Sortland gelangt. E10 ist die Straße, die von Narvik die Lofoten entlang bis zur Spitze (Å in Lofoten) geht. Von hier sind wir zum Middagsfjellet (811m) aufgestiegen. Von oben hat man eine wunderbare Aussicht zu zwei Fjorden. Über den Nordosthang ging es durch feinste Kristalle hinab bis zu den Laubbäumen. Das war sicher einer unserer besten Tourentage!

Vesterålen ist genial um Skitouren zu gehen. Der Vorteil gegenüber den Lofoten ist die größere Schneesicherheit und die Tatsache, dass es kaum andere Skifahrer gibt. Statt anderen Skifahrern haben wir einige Tiere gesehen: Es gibt etliche Schneehühner, Rentiere und ein Mink ist auch durch den Schnee gehuscht.

Unser Vorhaben, die nächste Nacht im Zelt zu verbringen, überwarfen wir schnell, als wir um 18Uhr bei -8°C auf Meereshöhe bereits froren. Deshalb übernachteten wir für 600 NOK zu dritt in einer Hütte bei Hammerstad Camping. Am nächsten Tag stiegen wir auf den Torskmannen (740 m), fuhren ab und hängten den Breitinden (672 m) dran. Das war das erste Mal, dass wir andere Befellte trafen und zwar in ziemlichen Horden. Die beiden Berge sind schön, aber eben auch sehr beliebt. Oben bewunderten wir einige Adler beim mühelosen Kreisen über den Berghängen.

Am Abend ging es dann mit genügend Vorrat zur Nœkksætra von Svolær aus. Die Hütte ist mit lediglich 4 km Zustieg für Norwegische Verhältnisse recht schnell zu erreichen. Als wir dort in der Dämmerung ankamen, waren wir zunächst ziemlich verzweifelt, weil es uns nicht gelang die Türen zu öffnen. Unser Schlüssel passte nirgends. Mit genügend Krafteinsatz ging die Tür zum Hüttenraum dann ohne Schlüssel auf. Sie war einfach zugefroren. Unser Schlüssel passte schließlich in ein Vorhängeschloss, über das man zum Schlafraum kam. Wir ließen den Abend mit köstlichem Gemüse-Kichererbsen-Kokos-Bulgur-Eintopf und einem feinen, kühlen Bier ausklingen. Wenn man bedenkt, dass das Bier, welches man im Supermarkt kauft, so viel kostet wie in einer billigen Kneipe in Deutschland, ist der Alkohol in Norwegen gar nicht mehr so teuer. Beim abendlichen Kartenstudium koren wir den Rismålstindan (672 m) für den nächsten Tag aus.

Da der Rismålstindan oben steil, verblasen und vereist ist, ist es ohne Pickel nicht leicht bis auf den höchsten Punkt zu gelangen. Wir liefen den Grat vom Gipfel ein Stück gegen Südwesten runter, um dann rechts in den Hang zu fahren, der Richtung Nordwesten zum Olderfjordbotnen abfällt. Nachdem wir fast bis auf Meereshöhe abgefahren waren, stiegen wir wieder auf den Gipfel und fuhren auf der anderen Seite Richtung Hütte ab. Auf der Hütte machten wir in der herrlichen Nachmittagssonne Siesta. Am Abend ging es dann abermals auf den Rismålstindan, um den Sonnenuntergang anzusehen. Die Farbverläufe beim Scheiden des Tageslichts sind immer wieder atemraubend und bei solch einer Szenerie allemal!

Treiben lassen und Rinne suchen

Uns blieben nur noch zwei Tage auf den Lofoten. In diesen wollten wir gerne noch bis an die Spitze des Luchsfußes kommen. Wir fuhren mit dem Auto los und hielten an, wo es uns gefiel. Der Abstecher in die Sackgasse nach Henningsvær hat sich sehr gelohnt. Das ist ein schönes Dörfchen mit herrlichen Bergen im Hintergrund. Über Monate wird Kabeljau auf großen Gestellen direkt am Meer aufgehängt. Die salzige Meeresluft konserviert den Fisch.

Während wir mit dem Auto an den schroffen Bergen vorbeifuhren, klebten unsere Nasen an der Scheibe, denn wir waren auf der Suche nach einer steilen Rinne, die wir hochsteigen und dann abfahren konnten. Bis wir uns entschieden hatten, war es schon später Nachmittag. Nachdem wir einige Höhenmeter erklommen hatten und uns den Schneeaufbau ansahen, mussten wir unser Vorhaben verwerfen. Schnee, Wind, Regen und Graupel hatten keine Vertrauen erweckende Schichtung erzeugt.

Tausche Dänischen Wodka gegen frischen Kabeljau

Nach unserer missglückten Couloir-Aktion registrierten wir, wo wir uns überhaupt befanden. Ein Blick auf die Karte legte nahe in einer scheinbar per Auto erreichbaren DNT-Hütte (Selfjordhytta) zu übernachten. Ein paar Kilometer vor der Hütte lag immer mehr Schnee auf der Straße. Unser mit Spikes ausgestattetes Mobil hatte bisher nie Schwierigkeiten irgendwo durch zu kommen. Wir versuchten unser Glück, aber der tiefe, nasse Schnee gewann die Oberhand. Anzuhalten und rückwärts wieder raus zu kommen war undenkbar. Wir hofften, mit Schwung durchzukommen und irgendwo bei weniger Schnee halten zu können. Das Hoffen war zwecklos. Wir fuhren uns fest. Unter dem Auto war zu viel Schnee, um mit den Rädern Traktion zu haben. Auch unser Freischaufeln blieb erfolglos. 

Nach zwei Kilometers laufen fanden wir zu Glück einen Hof mit Traktor. Als der Besitzer die Haustüre öffnete, roch es nach frischem Essen. Unser Retter war bereits dabei den Tag ausklingen zu lassen. Es war uns sehr unangenehm auf seine Hilfe angewiesen zu sein, aber er erkannte schnell, dass wir keine andere Wahl hatten. Unter voller Last gelang es ihm dann mit dem Traktor unser Auto aus dem sulzigen Schnee zu zerren. Um uns symbolisch zu bedanken, schenkten wir ihm unsere angebrochene Flasche Wodka. Darüber freute er sich riesig und meinte, dass das ein unverhältnismäßiges Geschenk sei. Zurück an seinem Hof schenkte er uns im Gegenzug einen am Morgen frisch gefangenen Kabeljau. Darüber waren wir als begeisterte Fischesser sehr glücklich und wir verabschiedeten uns nach einem sehr netten Gespräch. Den Fisch bereiteten wir zum nächsten Abendessen vor. Selten habe ich etwas Besseres gegessen.

Fazit

Über den landschaftlichen Reiz der Lofoten muss man nicht viele Worte verlieren. Das Glück, das wir mit dem Wetter hatten, war eine absolute Ausnahme: Neun Tage Sonnenschein und bester Schnee! Mit der finanziellen Umsetzung sind wir auch zufrieden. Insgesamt gaben wir pro Person rund 450 € aus. Unsere Erfahrung zeigt: Mit dem Verzicht auf sowieso unnötige Bequemlichkeiten ist es möglich auch mit wenig Geld ein Abenteuer im hohen Norden zu finanzieren.

Video vom Trip

Tipps für Sparfüchse:

Wir haben unser Auto in Luleå, Schweden, gemietet, wo ich derzeit ein Auslandssemster absolviere. Bei der Planung ist mir aufgefallen, dass die Mietpreise dort mindestens 40% günstiger sind als beispielweise in Kiruna oder Narvik. Die Fahrt durch das schwedische Lappland vorbei an dem legendären Skigebiet Riksgränsen kurz vor der norwegischen Grenze ist sehr lohnenswert. Allerdings muss man dafür sieben Stunden einplanen. Wenn ihr also mehr Zeit als Geld habt, dann würde ich euch diese Variante empfehlen.

Nützliche Links:

Online Karte zur Tourenplanung
Schneelage
LLB Norwegen
DNT Mitgliedschaft
Camping Gullesfjordbotten
Hammerstad Camping

Stockfisch bei Henningsvær

Stockfisch bei Henningsvær

Mathis Lochner

Fotogalerie

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